Wenn wir den Begriff „Crepe“ lesen, denken die meisten von uns wahrscheinlich an die sehr dünnen, mit zuckrigen Köstlichkeiten bestrichenen Pfannkuchen vom Jahrmarkt. Bei der deutschen Schreibweise „Krepp“ wird sich hingegen vielen eine Rolle Malerkrepp oder eine selbstgebastelte Schultüte vor dem inneren Auge manifestieren. Dass der Begriff allerdings noch eine ganze Textilgattung bezeichnet, ist jedoch nahezu in Vergessenheit geraten.
Im Modewesen bezeichnet Crepe ein Gewebe mit rauer, aufgrund seiner Struktur meist matter Oberfläche. Deren Beschaffenheit ist – je nach Herstellungsart – zum Beispiel auf die Verwendung stark überdrehter Garne und eine bestimmte Webtechnik zurückzuführen. Zu den vielen Untergattungen des Crêpe zählen etwa Chiffon oder Crepe-Satin. Der Begriff wird aber noch für ein weiteres Material verwendet: Schuhsohlen aus Naturkautschuk.
Erfolgsgeschichte eines Naturmaterials
In der westlichen Welt treten Kreppsohlen erstmals in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts auf. Indigene Völker Mittelamerikas nutzen das Material zu diesem Zeitpunkt bereits seit tausenden von Jahren, um Kleidung witterungsbeständig zu machen; infolgedessen exportieren europäische Kolonialmächte die zur Herstellung benötigten Pflanzen nach Afrika und Asien. Aus einer indischen Stationierung während des Zweiten Weltkrieges bringt dann der Soldat Nathan Clark¹, der sich zufälligerweise auch Erbe eines Schuhimperiums nennen darf, eine Rohversion der Desert Boots mit. Der widerstandsfähige Stiefel verhilft dem Unternehmen zu neuem Schwung – und ganzen Generationen von Jugendlichen zu einem modischen Statement.
Krepp: Schuhsohle der Subkulturen
Die Rockabillys der Fünfziger zeigen sich entweder in den durch Elvis verewigten Blue Suede Shoes oder in den extravaganteren Creepers, die durch eine besonders dicke Sohle auffallen. Hier wird die Kreppsohle sogar politisch: In Prag lässt 1954 ein Ministerium angeblich die Produktion des westlich-geprägten Schuhwerks einstellen². Britische Mods, amerikanische Studenten und deutsche 68er eint neben der Aufbruchstimmung der Sechziger auch die dünne, helle Schuhsohle der Wüstenboots.
Spätestens in den Siebzigerjahren steigt die Nachfrage für das Naturmaterial noch einmal deutlich an; unter anderem entdecken Vivienne Westwood und die Londoner Punkszene die Kreppsohle für sich. Entsprechend nimmt auch die Konkurrenz durch synthetische Alternativen zu, sind diese doch zumeist günstiger in Herstellung wie Logistik und unterliegen weniger umweltbedingten Schwankungen. Bei ekn nutzen wir allerdings immer noch mit großem Enthusiasmus Naturkautschuk.
Crepe x ekn
Die Kreppsohlen von Modellen wie dem Desert Boot Pear oder dem Max Herre-Signature verleihen den Schuhen einen rauen, erdigen Charme, aber so richtig hot finden wir Crepe vor allem wegen seiner hitzeregulierenden Eigenschaften. Als Naturprodukt passt sich der Kautschuk verlässlich der Umgebungstemperatur an; wundere dich also nicht, falls die Sohle deiner Boots im Winter fester und im Sommer weicher erscheint. Aber neben nicht nur am Schuh harmoniert Kautschuk bestens mit seiner Umgebung, denn auch Gewinnung und Verarbeitung laufen nachhaltig und ohne lange Lieferketten ab.
Kautschuk: ein ziemlich perfektes Naturprodukt
Gewonnen wird Krepp seit jeher aus dem Saft von Kautschukbäumen. In seiner Rohform handelt es sich um eine milchige Latexflüssigkeit, die man durch feine Schnitte den Bäumen entnimmt und in Eimern auffängt. Das schadet dem Baum übrigens nicht; vielmehr bildet er dadurch neue Triebe und produziert den klebrigen Saft schlicht nach. In weiteren Schritten wird die Flüssigkeit eingedickt, ähnlich der Milchverarbeitung in einer Käserei. Mithilfe einer Säure bringt man die Latex-Milch zum Gerinnen. Die so entstandene zähe Masse gibt man anschließend in Pressen, bevor sie zu Platten getrocknet wird, die jetzt die für das Endprodukt typische Bernsteinfarbe aufweisen. Während der Trocknung eingeschlossene Luftbläschen fungieren später als natürliche Federung, und aus den fertigen Platten kann man nun bereits die rutschfeste Sohle stanzen.
Werden die Bäume nicht in Monokulturen angepflanzt, sondern nachhaltig in ihre Umgebung integriert und zur Gerinnung beispielsweise biologisch abbaubare Ameisensäure verwendet, so ist die Gewinnung von Naturkautschuk weitgehend unbedenklich für die Umwelt. Auch für dich stellt Krepp eine nachhaltige Investition dar: Hast du die Sohle deines Schuhs einmal abgenutzt, kannst du sie mit unserem Crepe Ersatzsohlen Set austauschen.
Kreppsohle: Desert Boots, Creeper und mehr
Fairerweise sollte man festhalten, dass selbst ein von der Natur nahezu perfekt konzipiertes Produkt Schwachstellen mit sich bringt. Aufgrund ihrer Porosität zeigen sich Kautschuksohlen relativ anfällig für Staub, Fusseln und Verschmutzungen. Für Fans des Kultprodukts ist das allerdings Teil des Reizes, und erst die Patina macht die Kreppsohle wirklich salonfähig.
Wir stehen also voll und ganz hinter unseren Kreppsohlen und fühlen uns bei der Sichtung und Qualitätskontrolle des Materials immer wieder in unserer Mission bestätigt: Nachhaltige Naturprodukte sind keine Anomalie, vielmehr steht ihnen ein fester Platz in den globalen Produktions- und Handelsketten zu. Für Modebegeisterte gehören sie immerhin seit fast 75 Jahren fest in den Schuhschrank.
Fotos von Tim Peukert
Quellen
[1] https://www.stern.de/lifestyle/mode/nathan-clark-wer-steckt-hinter-dem-desert-boot--3747400.html
[2] https://www.spiegel.de/politik/auf-kreppsohlen-a-99e9c199-0002-0001-0000-000028956513